Pflegealltag auf einer Betreuungsstation – Artikel in der Zeitschrift „Mehr“, Autorin: Cornelia Ludwig

Pflegealltag – „Pflege alle Tage“ auf einer Pflegestation!

Alte Menschen werden im Pflegeheim von Angehörigen verschiedener Berufsgruppen betreut. Die größte sind die Pflegepersonen. Wir verbringen die meiste Zeit mit ihnen und haben Gelegenheit durch Worte, Gesten und Taten auf ihr Verhalten entscheidenden Einfluss zu nehmen.

In dem Moment wo ich „meine“ Station betrete, tauche ich in das Leben alter Menschen ein.

Ich möchte dem Leser keinen Tagesablauf schildern, denn im Prinzip läuft ein Tag auf Station ähnlich ab wie bei uns, die wir „Draußen“ leben. Mit dem Unterschied, die Bewohner auf Station benötigen in allen täglichen Belangen Unterstützung, Teilhilfe oder die komplette Übernahme, wie waschen ,anziehen und Mobilisation, essen, WC- Benutzung oder Einlagenwechsel.

Und doch gibt es Unterschiede, im Kleinen und Großen.

Frau M. möchte nicht gewaschen werden, sie sagt:“… ich habe mich schon gewaschen“, denn in ihrer gefühlten Realität ist sie gerade auf dem Schulweg.

Hr.W. weint, weil er Hilfe beim Essen braucht, er kann es nicht fassen; er war so ein beliebter Bergführer, und jetzt? Trost ist so fern!

Fr. M. benötigt kein WC, sie arbeitet gerade auf dem Feld, hebt den Rock und lässt allem seinen Lauf- im Speisesaal.

Fr.W stellt ca. 20 mal am Tag die Frage: „Warum?“ Warum?

Und so haben alle Bewohner der Station, ihre Geschichte,
sie pflegen ihren Umgang mit ihren Bedürfnissen.

In der Hektik des Alltags fällt es oft schwer , die notwendige Ruhe zuzulassen um auf die Bedürfnisse der mir anvertrauten Menschen einzugehen.

Stehen bleibenzuhören, Gefühle des Bewohners , wie Wut, Angst, Trauer, Sorge, Gefühl der Nutzlosigkeit, sexuelle Bedürfnisse, Freude und Humor ernst nehmen, zulassen, nicht herunterspielen.

Die Hektik entsteht durch die hohen Anforderungen der Institution, die Anforderungen, die geleistet werden müssen, aber nicht geleistet werden können.

Es fehlt Personal!? Die Alten werden heute älter, wer will sie begleiten bis an ihr Ende? Aber es fehlt nicht nur Personal.

In der Ausbildung sollten Werte vermittelt werden,
die stark und zuversichtlich machen, Halt geben!

Mein Leitsatz steht in der Bibel in dem Buch an die Römer: 12, 8c:
„ …wer Kranke und Alte zu pflegen hat, der soll es gern tun.“

Wer in der Pflege arbeiten will benötigt neben einer guten Ausbildung – Empathie, Einfühlungsvermögen und Achtsamkeit.

Achtsamkeit in der Pflege ist, vom ökonomischen Standpunkt aus betrachtet nicht budgetierbar, nicht messbar. Daher wird sie nicht als Wert wahrgenommen.

Der Frage „Wie will ich alt werden?“ darf schon viel früher Beachtung geschenkt werden.

Dr. Johannes Tauler, ein Dominikanermönch, er lebte von 1300-1361,
hat über die Krise in der Lebensmitte geschrieben:
„Die Krise in der Lebensmitte ist ein entscheidender Abschnitt
auf unserem Weg des Glaubens, ein Punkt, an dem es sich entscheidet,
ob wir Gott benutzen, um unser Leben zu bereichern und uns selbst zu verwirklichen oder
ob wir bereit sind uns glaubend Gott zu überlassen und ihm unser Leben zu übergeben.“

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